Adieu

Gedanken zu meiner Pensionierung

«…jedem Anfang wohnt ein Zauber inne» so heisst es und wird gerne zitiert. Und das Ende? Was wohnt dem Ende inne? Ernüchterung? Aus der Zauber? Desillusionierung? Ui, das tönt jetzt etwas gar trist. Und Trübsal blasen – das wollen wir nicht. Aber vormachen muss man sich nichts. Es gibt am Ende schöne Reden des Dankes und Lobes – so hoffen wir doch. Es schiesst gar die eine oder andere Träne der Rührung ins Auge. Es gibt Umarmungen und Küsschen. Und Versprechen werden abgegeben «Wir sehen uns bestimmt wieder!». Solches gehört zum Abschiednehmen mit dazu. Und dann? Ja, dann gilt: Wer aufhört, der ist schnell vergessen. Ist das schlecht? Nein, das ist gut so. Man wage nicht sich vorzustellen, wie es anders wäre. Der Alte schwirrt immer noch herum. Zeigt sich mal passend; öfters unpassend. Das wäre nicht schön. Abschliessen, Abschiednehmen und gehen – das ist eine gute Sache. Und soll so sein.
Und das Ende hat ja auch einen Anfang und damit seinen Zauber. Jeder Lebensabschnitt – auch der letzte – ist ein Neubeginn. Und der ist zauberhaft. Bei diesem Zauber geht es nicht um die Zauberei des Illusionisten, der vorgibt etwas zu sein, was er nicht ist. Es geht um den Zauber eines Frühlingsmorgens. Den Zauber einer guten Begegnung. Und dafür bleibt jetzt viel Zeit und Musse – hoffentlich. Das Leben ist mehr so poetisch zu nehmen. Apropos poetisch: das Zitat zu Beginn stammt aus dem Gedicht «Stufen» von Hermann Hesse. Es lohnt sich den Zusammenhang zu beachten:

«Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe / Bereit zum Abschied sein und Neubeginne, / Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern / In andre, neue Bindungen zu geben. / Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, / Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben».
Und ganz am Schluss: «Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!» In diesem Sinne «Adieu!»

Hans-Jörg Riwar

Abschiedsgottesdienst von Pfarrer Hans-Jörg Riwar
Sonntag, 29. September, 9.30 Uhr Reformierte Kirche Zug
Orgel: Hans-Jürgen Studer
Anschliessend Apéro riche